Egal ob Standard- oder Speziallösungen, ob als Teil eines größeren Systems oder als Komplettmodul – VAT unterstützt mit seinen Produkten und Dienstleistungen bahnbrechenden Forschungsarbeiten in aller Welt mit verlässlicher Hochpräzisions-Ventiltechnologie. Ein exzellentes Beispiel dafür ist eine aktuelle Kooperation mit dem Paihau-Robinson-Forschungsinstitut, bei der es um neuartige Elektroantriebe für Raumfahrzeuge geht.
Neuartige HTS-Magnet- und Flusspumpentechnologie wird demnächst auf der Internationalen Raumstation (ISS) getestet. Dieselbe Magnetsystemtechnologie soll dann in eine Plasmarakete eingebaut werden, die als magneto-plasmadynamisches Triebwerk mit angelegtem Feld (AFMPD) bezeichnet wird und für den Antrieb großer Raumfahrzeuge verwendbar ist.
Quelle: Victoria University of Wellington
Maßgebliche Steigerung der Leistungsfähigkeit
Am neuseeländischen Paihau-Robinson-Institut wird Hochtemperatur-Supraleitung (HTS) intensiv erforscht. Ihr fundiertes HTS-Wissen machen die Paihau-Robinson-Forscher nun auch für Weltraumanwendungen verfügbar. Denn HTS-Technologie könnte wertvoll dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit und Flexibilität von sogenannten Applied Field Magneto-Plasmadynamic Thrusters, kurz AFMPD-Antrieben, erheblich zu steigern.
Um die Auswirkung der HTS-Magnete auf die Leistungsfähigkeit des AFMPD-Antriebs im Detail erforschen zu können, hat das Paihau-Robinson-Institut gemeinsam mit dem australischen Vakuum-Spezialisten Scitek eine Raumfahrt-Simulationskammer eingerichtet. Darin wird ein Prototyp des Triebwerks entwickelt, wobei der HTS-Magnetteil des Triebwerks zur Internationalen Raumstation (ISS) gebracht werden und dort unter Weltraum-Vakuumbedingungen auf Herz und Nieren getestet werden soll.
Hohe Pumpleistung bei stetigem Gasfluss
Um in der Vakuumkammer den benötigten Arbeitsdruck von etwa 10-7 mbar bei einem Argon-Gasfluss von 100 sccm erzeugen zu können, ist eine enorm hohe Pumpleistung von etwa 50.000 l/s nötig. Dafür kommen u.a. eine große Drehkolbenpumpe, leistungsstarke Turbomolekularpumpen und eine 4200-l/s-Kryopumpe zum Einsatz – aber auch spezielle Meissner-Fallen, mit deren Hilfe das Argon-Gas direkt aus dem Plasma gepumpt werden kann. Damit diese Meissner-Fallen gut funktionieren, muss die Restfeuchtigkeit in der Kammer minimal sein. Ein Grund mehr, warum Scitek bei den Vakuumkomponenten und deren Steuerung auf zuverlässige VAT-Hochpräzisionsventile wie z.B. den Absperrschieber der VAT-Baureihen 11.1, 12.1 und 14.0 sowie Eckventile der VAT-Baureihe 24.4 vertraut.
Bahnbrechende HTS-Forschung
Das Paihau-Robinson Research Institute nahe Wellington/Neuseeland ist weltberühmt für bahnbrechende Forschungsarbeiten rund um die Hochtemperatur-Supraleitung. Das fundierte HTS-Wissen der Paihau-Robinson-Forscher wird bald auch Weltraumanwendungen zugutekommen. Es zeigt sich nämlich, dass HTS-Technologie einen wertvollen Beitrag zum Bau leistungsstärkerer magneto-plasmadynamischer Antriebe leisten könnte.
Magneto-was? Nun, für Raumfahrzeuge gibt es zunächst einmal chemische und elektrische Antriebssysteme. Chemische Systeme können Raumfahrzeuge mit einem hohen Schub versorgen, allerdings sind sie in Bezug auf den Treibstoffverbrauch sehr ineffizient. Zudem geht aufgrund der Masse des Treibstoffs wertvolle verfügbare Nutzlast verloren. Elektrische Systeme hingegen sind zwar effizienter, doch ihre geringe Schubkraft schränkt die Reaktionsfähigkeit und Manövrierbarkeit stark ein.
Hohe Schubkraft bei MPD-Triebwerken
Eine besonders interessante elektrische Antriebslösung sind magneto-plasmadynamische Triebwerke (MPD). Dieser Antrieb basiert auf dem Prinzip der elektromagnetischen Beschleunigung durch die Lorentzkraft. Er besteht aus einem Anoden-Trichter und einer stabförmigen Kathode in der Mitte. Beim Anlegen einer elektrischen Spannung wird ein im Trichter befindliches Gas – z.B. Argon oder Lithium – ionisiert (Plasma), was einen radialen Stromfluss zur Kathode ermöglicht. Dieser Strom erzeugt wiederum ein starkes Magnetfeld, das die ionisierten Gasteilchen in axialer Richtung beschleunigt und so für die Schubkraft des Antriebs sorgt.
Mit der MPD-Technologie lässt sich ein sehr hoher Wirkungsgrad erreichen, allerdings braucht es dafür sehr starke Magnetfelder. Auch ist seit langem bekannt, dass sich die Leistung und die Flexibilität solcher MPD-Antriebe erheblich verbessern lässt, wenn weitere starke Elektromagneten um das Antriebsmodul herum platziert werden (Fremdfeldbeschleuniger). Der englische Fachbegriff für diesen leistungsstarken Antriebstypus lautet Applied Field Magneto-Plasmadynamic Thruster, oder kurz AFMPD. Doch auch diese Extra-Magnete verbrauchen viel Strom – und Strom ist im Weltraum ein echtes Luxusgut! Hier kommen nun die HTS-Lösungen des Paihau-Robinson-Instituts ins Spiel: Denn durch die Supraleiter-Technologie lässt sich der Stromverbrauch der AFMPD-Magnete enorm reduzieren.
AFMPD-Antriebe für Weltraumanwendungen
Ein passender Name für das innovative AFMPD-Projekt war schnell gefunden: Kōkako, ein in Neuseeland heimischer Vogel, dessen Gefieder ganz ähnlich gefärbt ist wie der MPD-Argon-Plasmastrahl. Technisch-inhaltlich betraten die Paihau-Robinson-Forscher dabei echtes Neuland, wie Dr. Ben Mallett, Senior-Scientist am Paihau-Robinson-Forschungsinstitut, zu berichten weiß: „Wir sind total begeistert, ein solches Pionierprojekt zu leiten! Wir lieben es, schwierige wissenschaftliche und technische Probleme zu lösen – und davon gibt es jetzt, da wir HTS-Systeme für Weltraumanwendungen bauen, eine ganze Menge. Bisher hatten wir zum Beispiel immer die Möglichkeit, alle Probleme, die bei den von uns gebauten HTS-Systemen auftreten, direkt zu beheben. Das ist hier nicht wirklich eine Option.“
Ziemlich gleiche Farben im Plasmastrahl (oben) und im Vogelgefieder (unten) – aus diesem Grund wurde der in Neuseeland heimische Kōkako-Vogel Namensgeber für den neuen AFMPD-Antrieb.
Quelle: Ben Mallett, Paihau-Robinson Research Institute
Wie bei allen Weltraumanwendungen sind die Masse und der Energiebedarf der magnetischen Komponenten entscheidend, wenn es um die Attraktivität des Antriebs für kommerzielle Anwendungen geht. Hier setzen die Paihau-Robinson-Forscher all ihr Erfahrungswissen in Bezug auf HTS-Magnettechnologien ein, um möglichst leichte und effiziente Triebwerke zu entwickeln. Sollte sich die Hoffnung der Forscher bewahrheiten, könnten die Triebwerke für den Antrieb zukünftiger schwerer Raumfahrzeuge verwendet werden, um deren Umlaufhöhe zu regulieren oder sie zu weit entfernten Orten wie dem Mond, dem Mars und dem Asteroidengürtel zu schicken.
Testanlage für den AFMPD-Antrieb
Um im Detail erforschen zu können, wie die Stärke und die Form des magnetischen Fremdfeldes die Leistungsfähigkeit des AFMPD-Antriebs beeinflussen, taten sich die Paihau-Robinson-Forscher mit der australischen Firma Scitek zusammen, einem Spezialunternehmen für Vakuumtechnologien und High-End-Dünnschichtanlagen. Kelvin Ho ist Produktmanager für Raumfahrtanwendungen bei Scitek, er kümmert sich um deren hochspezialisierte Raumfahrt-Simulationskammern: „Meine Aufgabe ist es, unsere Kunden bei ihren Experimenten zu unterstützen, maßgeschneiderte Lösungen für die Optimierung des Vakuums anzubieten und mein Expertenwissen für die verschiedenen Technologien, die in Vakuum-Pumpsystemen zum Einsatz kommen, bereitzustellen.“
Das letztliche Ziel der Kooperation zwischen Scitek und dem Paihau-Robinson-Forschungsinstitut ist klar: Eine erstklassige Testanlage für elektrische Schubdüsen in Betrieb zu nehmen, um dort die AFMPD-Technologie für Anwendungen im Weltraum voranzutreiben. Im Rahmen des letztgenannten Ziels möchten die Paihau-Robinson-Forscher mögliche Vorbehalte gegenüber der neuen AFMPD-Technologie entkräften, indem sie dessen Betrieb im Weltraum demonstrieren! Das eng damit zusammenhängende Projekt heißt Heki – das Wort für „Ei“ in der neuseeländischen Maori-Sprache, weil Kōkako erst dadurch zum Flug ansetzen kann.
Praxistests auf der ISS
Im Rahmen von Heki wird ein flussgepumpter supraleitender Magnet vom US-amerikanischen Nutzlastanbieter Nanoracks zur Raumstation ISS gebracht und dort auf der sogenannten Nanoracks External Platform testweise betrieben. Wenn alles nach Plan läuft, wird die Mission eindrucksvoll die Reife der HTS-Technologie belegen und zeigen, dass sich diese Magnete innerhalb der Anforderungen an elektromagnetische Interferenzen, wie sie bei Raumfahrzeugen auftreten könnten, betreiben lassen.
Bevor der Prototyp jedoch abheben kann, müssen die Paihau-Robinson-Forscher die Leistung mit der neuen HTS-Technologie genau spezifizieren: „In den Scitek-Vakuumkammern lassen sich Bedingungen wie im Weltraum replizieren, so dass wir sehr verlässlich vor Ort, hier in Neuseeland, untersuchen können, inwiefern sich AFMPD durch die extrem hohen Magnetfelder, die von HTS-Magneten erzeugt werden können, verbessern lässt“, erklärt Ben Mallett.
Eindrückliche Vakuumkammer
Die bisherigen Ergebnisse des Paihau-Robinson-Scitek-Teamworks lassen sich in Wellington bewundern: Sowohl das Antriebsmodul als auch die Vakuumkammer sind bereits einsatzfähig, und auch alle zugehörigen Vakuumpumpen und -ventile wurden schon automatisiert.
Die verwendete Vakuumkammer – mit einer Länge von 3 m und einem Durchmesser von 1 m – hat es wirklich in sich: „Um die Bedingungen zu simulieren, unter denen der Antrieb später im Weltraum arbeiten soll, braucht es eine Vakuumkammer im Bereich von 10-7 bis 10-8 mbar. Doch mit einem Gasfluss von 100 Standardkubikzentimeter Argon ist dies ziemlich schwierig“, beschreibt Kelvin Ho die knifflige Ausgangslage. „Um den angestrebten Unterdruck von 10-5 mbar im elektrischen Antriebsfeld gegen den Zufluss von Treibstoff aus dem Triebwerk aufrechterhalten zu können, braucht das System eine sehr hohe Pumpleistung von etwa 50.000 l/s.“
Entsprechend kommen in der Kammer eine Turbomolekularpumpe, eine mehrstufige Wälzkolben-Vakuumpumpe und eine große 4200-l/s-Kryopumpe (DN400) für das Argon zum Einsatz. Im Einzelnen bringt die Wälzkolben-Pumpe die Kammer auf einen akzeptablen Basisdruck, bevor dann sowohl die Turbomolekular- als auch die große Kryo-Pumpe eingesetzt werden können.
Meissner-Fallen machen den Unterschied
Doch damit allein lässt sich die gewünschte Pumpgeschwindigkeit nicht erreichen. Aus diesem Grund setzen die Paihau-Robinson-Forscher zusätzlich zwei sogenannte Meissner-Fallen ein – große Kühlplatten, deren Temperatur so weit abgesenkt werden kann, dass das aus dem AFMPD freigesetzte Argon-Gas kondensiert. Gesetzt den Fall, dass sie ideal an das Anlagensetup angepasst sind, können die Fallen eine enorme Saugwirkung entfalten. Dazu Kelvin Ho: „Ein einzelnes System kann ein Saugvermögen von 32.000 l/s für die Vakuumkammer bereitstellen! Und solch große Werte sind zwingend nötig, um die für den Antrieb notwendige Abpumpgeschwindigkeit erzeugen zu können.“
Klingt prima, aber da gibt es ein Problem: Um nämlich das Argon effizient einfangen zu können, müssen die Meissner-Fallen bei –253°C betrieben werden – also gerade mal 20 Grad oberhalb des absoluten Temperaturnullpunkts! Und weil sowohl das Saugvermögen als auch die absorbierte Wärmestrahlung direkt mit der Fallen-Oberfläche korrelieren, müssen die Forscher sorgfältig abwägen, welche Plattenfläche den bestmöglichen Kompromiss aus Sauggeschwindigkeit und Strahlungswärmebelastung liefert.
Restfeuchtigkeit in der Kammer
Aber nicht nur das! Kelvin Ho benennt eine weitere Herausforderung: „Um ihre bestmögliche Wirkung entfalten zu können, müssen die Meissner-Fallen so trocken wie möglich sein. Entsprechend ist es extrem wichtig, dass wir die Restwassermenge innerhalb der Kammer weitestgehend reduzieren, bevor die Meissner-Fallen zu kühlen beginnen.“ Und diese Einschränkung gilt wohlgemerkt für eine Kammer, in der ein Raketen-Antriebssystem getestet werden soll, bei dem das zu verarbeitende Argon-Gas relevante Spuren von Wasser enthält…
Bei diesem heiklen Balanceakt vertrauen die Paihau-Robinson-Forscher auf verlässliche VAT-Ventiltechnologie, denn wie Kelvin Ho bemerkt: „Entscheidend ist das zuverlässige Zusammenwirken aller beteiligten Vakuumventile!“. Die Abtrennung und die Zuschaltung der einzelnen Vakuumpumpen durch die Ventile erfolgen dabei nach einer sehr genauen Choreografie, die garantiert, dass die Bedingungen in der Kammer stets denen im Weltraum entsprechen – selbst wenn darin ein Raketentriebwerk an- und ausgeschaltet wird. „Die hohe Präzision und die funktionale Zuverlässigkeit der VAT-Ventile sind für solche Herausforderungen entscheidend“, erzählt Kelvin Ho freudig. „Außerdem arbeiten wir bei der Auslegung solcher Systeme stets eng mit den VAT-Kollegen zusammen. Nur so lässt die Erfahrung beider Seiten optimal nutzen.“
Teilansicht der Prüfkammer im Paihau-Robinson Research Institute. Oben links befindet sich die Turbomolekularpumpe, die über einen VAT-Schieberventil der Baureihe 11.1 mit der Kammer verbunden ist.
Quelle: Ben Mallett (Paihau-Robinson Research Institute)
Zukunftsweisende Technologie
Ben Mallett ist zuversichtlich, dass AFMPD-Triebwerke innerhalb des nächsten Jahrzehnts Raumfahrzeuge zum Mond und zurück befördern werden. „Die Forschungsarbeit, die wir gerade leisten, wird bedeutende Auswirkungen auf die AFMPD-Technologie haben. Dabei geht es nicht nur darum, die Funktionsweise des neuen supraleitenden Magnetsystems im Weltraum zu demonstrieren, sondern auch darum, mit Hilfe hervorragender Testeinrichtungen auf überzeugende Weise zu zeigen, wie AFMPD mit diesen neuen leistungsstarken Magneten funktioniert. Dies sind wichtige Schritte, um diese wirklich coolen Plasma-Raketen in den Weltraum zu bringen!“. Nun denn, die VAT wünscht eine sichere Reise ins Weltall!