Synchrotrons verwenden neuartige NEG-Technik zur Erzeugung von UHV
Wissenschaftlicher Fortschritt ist auf hochentwickelte Technologien und spezielle Forschungseinrichtungen angewiesen. Synchrotron-Speicherringe gehören zu den komplexesten technischen Anlagen. Sie stellen Wissenschaftlern eine hochintensive und brillante Strahlung zur Verfügung, um die Eigenheiten von Materialien auf atomarer Ebene zu beleuchten. 2015 wurde der Grundstein für das neueste brasilianische Synchrotron SIRIUS gelegt. Es beschleunigt Elektronen innerhalb eines großen Vakuumrings von 518m Umfang, um die charakteristische Synchrotron-Strahlung zu emittieren.
Das Erreichen und Aufrechterhalten eines Ultrahochvakuums (UHV) in einer komplexen Anlage wie einem Synchrotron ist eine echte Herausforderung. Eine neuartige Vakuumtechnik ist die Getterpumpe basierend auf NEG-Dünnschichten (NEG, engl. für Non Evaporable Getter). Die Idee ist einfach: Die Restmoleküle im UHV verhalten sich wie Tischtennisbälle, die geradeaus fliegen und vom Tisch oder von den Schlägern der Spieler abprallen. Würde man nun Sekundenkleber auf den Tisch oder die Schläger auftragen, bliebe jeder Ball haften, der damit in Berührung kommt. Ziemlich schnell würden den Spielern die Bälle ausgehen. In ähnlicher Weise fliegen die Moleküle im UHV zwischen den Wänden des Vakuumrings hin und her. Indem man die Vakuumröhren von innen mit einem speziellen reaktiven dünnen Film beschichtet, adsorbieren die unerwünschten Gasmoleküle an dem Film, reagieren mit der Oberfläche und bleiben schlussendlich an der Wand hängen. Auf diese Weise können sie nicht mehr mit den in der Mitte der Vakuumröhre fliegenden Elektronen wechselwirken.
"Das CERN hat diese Technologie entwickelt und unsere Ingenieure in der Schweiz im Beschichtungsprozess geschult. Bei der Planung unseres Vakuumsystems haben wir uns schnell entschieden, diesen Ansatz für unseren SIRIUS-Speicherring zu verwenden", erklärt Rafael Molena Seraphim, Leiter der Vakuumgruppe am brasilianischen Synchrotronlichtlabor LNLS. "Es war jedoch entscheidend, die Beschichtung an unsere speziellen Gegebenheiten anzupassen, damit sie effektiv funktioniert. Aus diesem Grund hat das LNLS eine eigene Beschichtungsapparatur entwickelt, mit der sich Dünnfilme in Röhren von bis zu 3,2 m Länge abscheiden lassen. Durch Verwendung der Sputtertechnik können wir Dicke und Zusammensetzung der Schicht sehr genau einstellen."
Sputtern ist ein Verfahren zur Abscheidung dünner Schichten in einer Vakuumkammer. Dabei werden ionisierte Gasmoleküle wie eine Rakete auf ein Zielmaterial geschossen, sodass bei deren Aufprall die Atome oder Moleküle aus dem Material freigesetzt werden. Diese nun frei umherfliegenden Atome und Moleküle können sich auf die zu beschichtende Oberfläche bewegen und dort abgeschieden werden. Durch die Platzierung des Zielmaterials im Inneren der Vakuumröhre lässt sich das Zielmaterial daher auf sehr kontrollierte Weise auf der inneren Röhrenoberfläche anlagern. Die Funktionalität der NEG-Pumpe hängt jedoch entscheidend von der Qualität der Schicht sowie ihrer Dicke und Zusammensetzung ab. "In unseren ersten Experimenten konnten wir noch nicht die richtige Homogenität der endgültigen Schicht erreichen, da es uns nicht möglich war, den Trägergasstrom mit der erforderlichen Genauigkeit zu steuern", erinnert sich Rafael Seraphim.
VAT bietet präzise Lösungen für die Kontrolle des Gasflusses in Sputterprozessen
"Wir wissen, wie wichtig es für unsere Kunden ist, den Gasfluss bei Dünnschichtprozessen wie dem Sputtern zu kontrollieren. Er muss mit hoher Genauigkeit eingestellt werden können. Gleichzeitig gilt es jede Form von unerwünschten Verunreinigungen zu vermeiden, da diese die Zusammensetzung der Schicht stören würden", weiß VAT Verkaufsingenieur Jürg Öhri. "Wir hatten diese Anforderungen des Marktes bereits erkannt und mit der Entwicklung eines neuartigen Ganzmetall-Dosierventils begonnen. Glücklicherweise war es gerade marktreif geworden, als sich das LNLS 2012 bei uns meldete. Ich war mir sicher, dass dies ihr Problem lösen würde." Bei der Baureihe 59.0 handelt es sich um ein variables Feindosierventil, das frei von Elastomerdichtungen ist. Sein präziser Schrittmotor ermöglicht eine bis zu 100-mal genauere Einstellung des Gasdurchsatzes unter UHV-Bedingungen als andere Dosierventile.
Nachdem VAT uns das Ganzmetall-Feindosierventil vorgestellt hatte, war uns schnell klar, dass dies genau die Lösung ist, die wir brauchen", erinnert sich Rafael Seraphim. "Die Justagegenauigkeit des Ventils hat es uns ermöglicht, den Trägergasstrom zu stabilisieren und den Beschichtungsprozess unter Kontrolle zu bringen." Rohr für Rohr wurden anschließend mehr als 500 m des Speicherrings beschichtet, bis der gesamte SIRIUS-Speicherring im Jahr 2018 endlich fertiggestellt war. Allein die Vakuumanlage hat am Ende mehr als 10 Mio. € gekostet.
Kundenverständnis setzt neue Maßstäbe
"Ich war sehr beeindruckt vom Ehrgeiz der LNLS-Ingenieure bei der Optimierung des NEG-Sputterprozesses für die spezifischen Anforderungen im SIRIUS-Ring. Ihre Beschichtungsapparatur war damals eine der ersten Anwendungen für unser neues Ganzmetall-Feindosierventil der Baureihe 59.0", fasst Jürg Öhri zusammen. "Inzwischen hat es sich in vielen Anwendungen bewährt und ist zu einem branchenweiten Standard für die Kontrolle kritischer Gasströme in Dünnschichtprozessen geworden, wie etwa bei der chemischen oder physikalischen Gasphasenabscheidung (CVD/PVD), der Atomlagenabscheidung (ALD) oder der gepulsten Laserabscheidung (PLD)."
"SIRIUS ist ein brasilianisches Projekt, in das viel eigenes Know-how unserer Ingenieure und Wissenschaftler eingeflossen ist. Wir waren jedoch froh, mit VAT nicht nur einen Lieferanten für die vielen Vakuumkomponenten zu haben, sondern mit einem Projektpartner zusammenzuarbeiten, der die Anforderungen des Marktes voraussehen kann. Damit unterscheiden sie sich deutlich von anderen Marktteilnehmern", resümiert Rafael Seraphim vom LNLS. Im Jahr 2020 öffnete SIRIUS seine Pforten für Wissenschaftler, die mittlerweile bereits die ersten Experimente erfolgreich durchgeführt haben.