Entscheidend bei Vakuumventilen, die in partikelsensiblen Prozessen eingesetzt werden, ist es das Ventilteller und Ventilsitz ohne Metall zu Metall Kontakt dichten. D.h. die beiden Metalloberflächen des Tellers und des Sitzes sind im geschlossenen Zustand durch die Elastomerdichtung getrennt (Ganzmetallventile ohne Elastomerdichtung sind hier ein anderer Fall). Die Dichtung sowie der Anpressdruck des Ventiltellers muss so ausgelegt werden, dass die Dichtung für die Prozessbedingungen optimal dichtet und gleichzeitig die Verpressung nicht zu hoch ist. Bei einer zu hohen Verpressung besteht die Gefahr, dass die Dichtung über die spezifischen Materialeigenschaften hinaus belastet wird, was zu strukturellem Stress in der Dichtung führt und damit zu Verschleiß oder sogar Beschädigung führen kann. Bei der Auslegung eines Dichtsystems im Vakuum kommt es dabei auf mehrere Faktoren an: Prozessbedingungen, Dichtungsabmessungen und -geometrie, geplante Dichtzyklen und ggf. Kontakt mit Prozessgasen oder prozessbedingten Ablagerungen.
Beim Einsatz von O-Ring-Dichtungen unter Vakuumbedingungen, sind zusätzliche mechanische Bedingungen zu beachten. So entstehen z.B. durch den in der Regel vorherrschenden Differenzdruck Zugkräfte an der Dichtung, die bei klassischer Ausführung von O-Ring-Nuten ein Herausziehen des O-Rings verursachen können. Auch ein leichtes «Kleben» der Dichtung am Ventilsitz kann ein Herausziehen verursachen. Dieses «Kleben» wird durch bestimmte Prozessbedingungen im Vakuum verursacht, die eine Vernetzung zwischen Metall- und Elastomer-Berührungsfläche begünstigen.
O-Ring-Nuten bei Vakuumventilen sind deshalb in besonderer Weise gestaltet. Sie verhindern das herausziehen des O-Rings durch Unterdruckströmungen bei Differenzdruck oder durch ein Kleben am Ventilsitz.
Ein weiteres Element bei der Gestaltung der O-Ring Nut ist das Vermeiden von «virtuellen Lecks», d.h. Bereichen in der Nut, die im offenen, wie auch im geschlossenen Zustand des Ventils nicht vollständig durch den O-Ring ausgefüllt werden aber gegenüber der Umgebung geschlossen sind. Diese "dynamischen" Räume müssen so ausgelegt sein, dass sie der elastischen Dynamik des O-Rings den nötigen Raum geben, ohne sich dabei negativ auf die Prozessperformance auszuwirken. Aus diesem Grund sind diese Bereiche bei VAT Ventilen immer entsprechend entlüftet, damit z.B. Druckveränderungen auch in diesen, sogenannten Todräumen wirken und damit einen O-Ring nicht ungewollt aus der Nut heben. Bei aggressiven Prozessen ist das Ziel, dass der O-Ring nicht direkt dem Prozess ausgesetzt ist, hier gilt es eine funktionierende Balance zwischen vakuumphysikalischen Notwendigkeiten und materialspezifischen Schutzmechanismen zu finden.
Wenn O-Ringe zur Dichtung eingesetzt werden, dürfen die Vorspannung des O-Rings, wie der Pressdruck durch die Dichtungsnut, den O-Ring nicht so stark vorbelasten, dass bei der dynamischen, wiederholten Dichtfunktion eine mechanische Überlastung des O-Rings auftritt. VAT stellt dies durch ein umfangreiches Testregime bei der Entwicklung sowie dem Erfahrungswissen aus tausenden von Ventileinsätzen in unterschiedlichsten Anwendungsbedingungen sicher. Auf Basis dieses Wissen hat VAT Berechnungsmodelle entwickelt, die eine genaue Spezifikation dieser Parameter erlauben.
Ebenfalls entscheidend für die Beständigkeit der O-Ring-Dichtung über lange Funktionsintervalle ist auch die Materialauswahl. Je nach Prozessbedingungen wie z.B. Vakuumniveau, Temperatur und eingesetzte Prozessgase altert die Dichtung zusätzlich zur mechanischen Belastung.
Im Vakuum werden deshalb unterschiedliche Werkstoffe eingesetzt, die jeweils für bestimmte Parameter, wie z.B. Temperatur, optimiert sind. Im Einzelfall können dadurch auch Dichtungen nach einer Inbetriebnahme auf einen Prozess im Rahmen einer Wartung optimiert werden.
Neben den O-Ring-Dichtungen spielen auch Elastomer-Dichtungen eine wesentliche Rolle, die direkt mit dem Ventilteller verbunden sind, durch Vulkanisierung oder andere Bindungsverfahren. Diese bieten den speziellen Vorteil, dass sie keine Dichtungsnut benötigen und damit die nutbedingten Herausforderungen und Nachteile entfallen. Ferner lässt sich die Gestaltung der Dichtungsgeometrie stärker auf die Dichtungseigenschaften sowie das Dämpfungsverhalten optimieren. Ihr Nachteil ist gegenüber einer O-Ring-Lösung ist die Notwendigkeit stets mit der Dichtung den Ventilteller als Träger der Dichtung austauschen zu müssen. Bei anspruchsvollen Anforderungen an das Dichtungsverhalten, an Dämpfungseigenschaften sowie der Partikelgenerierung und der Langzeitstabilität bietet diese Dichtungsklasse aber signifikant bessere Leistungsmerkmale.